"Viele Vorschriften der EnEV
2014
sind gar nicht bekannt" (Auszug)
Die
Energieeinsparverordnung (EnEV) 2014 verschärft
die energetischen Anforderungen an Neubauten und
Bestandsgebäude. Viele Bauherren und
Hausbesitzer müssen nun investieren, damit ihr
Haus den neuen Regelungen gerecht wird. Doch ein
Großteil der betroffenen Immobilienbesitzer weiß
gar nichts von seinen Nachrüstpflichten. Dabei
drohen bei Nichtbeachtung empfindliche
Geldbußen. Diese Vorschriften der EnEV 2014
sollten Bauherren und Hausbesitzer kennen.
Die neue
EnEV 2014 ist seit dem 1. Mai in Kraft. Doch
offenbar wissen viele Hausbesitzer überhaupt
nicht, dass sie bis Ende 2015 in eine neue
Heizung oder eine verbesserte Wärmedämmung
investieren müssen.
• Viele
Hausbesitzer kennen die Nachrüstpflichten der EnEV
2014 nicht
Zu diesem Ergebnis kommt die repräsentative Studie
"Marktmonitor Immobilen 2014". Im Auftrag des
Immobilienportals Immowelt hat ein Team der
Hochschule für Wirtschaft und Umwelt
Nürtingen-Geislingen um Studienleiter Professor
Stephan Kippes unter anderem 466 zufällig
ausgewählte Makler, Bauträger und andere
Immobilienspezialisten in ganz Deutschland befragt.
Das Ergebnis: 76 Prozent der deutschen Makler gab
an, dass ihre Kunden nicht über die
Nachrüstpflichten Bescheid wissen.
• EnEV
2014 verbietet den Betrieb vieler alter Heizungen
Zumindest
eine der beiden wichtigsten Neuerungen für
Bestandsgebäude – die Austauschpflicht für alte
Heizungen und die Präzisierungen der Pflicht zur
Wärmedämmung der obersten Geschossdecke – dürfte
auch einen Großteil der Unwissenden betreffen.
"Standardheizkessel, die mit flüssigen oder
gasförmigen Brennstoffen betrieben werden, müssen
künftig ausgetauscht werden, wenn sie älter als 30
Jahre sind", erklärt die Verbraucherzentrale (VZ)
Energieberatung. Stichtag ist der 1. Januar 2015.
Heizungen, die vor 1985 eingebaut wurden, müssen bis
dahin ausgetauscht werden.
Für Besitzer
eines Ein- und Zweifamilienhauses, die auch selbst
in diesem wohnen, gilt die Pflicht jedoch nur, wenn
das Haus ab 2002 bezogen wurde, erklärt die VZ.
Weitere Ausnahmen von der Austauschpflicht macht die
EnEV für Niedertemperatur-Heizkessel,
Brennwertkessel und Heizkessel, deren Nennleistung
unter 4 oder über 400 Kilowatt liegen. Solche
Anlagen genießen Bestandsschutz und dürfen weiter
betrieben werden.
• EnEV
2014 definiert klaren Grenzwert für die Wärmedämmung
der obersten Geschossdecke
Zwar
verpflichtete schon die EnEV 2009 Hausbesitzer, das
Dach oder die oberste Geschossdecke zu dämmen. Sie
ließ aber weitreichende Interpretationsspielräume
offen, wann ein Dach oder eine Geschossdecke vor dem
Gesetz als gedämmt gilt. Damit ist nun Schluss: Nach
dem 31. Dezember 2015 müssen die oberste
Geschossdecke oder das darüber liegende Dach so
gedämmt sein, dass ein Wärmedurchgangskoeffizient
(U-Wert) von 0,24 nicht überschritten wird.
"An diese
Nachpflicht sollten sich Eigentümer halten", mahnt
Gerold Happ, Rechtanwalt beim Eigentümerverband
"Haus & Grund" auf den Verbandswebseiten. "Denn im
Gegensatz zu früher stellt die Missachtung dieser
Vorgaben eine Ordnungswidrigkeit dar, die
unmittelbar mit einem Bußgeld in Höhe von bis zu
50.000 Euro geahndet werden kann." Es sind zwar erst
einmal keine Kontrollen vorgesehen, aber Mieter
könnten beispielsweise wegen zu hoher Energiekosten
durch mangelnde Dämmung klagen. Wer unsicher ist, ob
Dach oder oberste Geschossdecke die gesetzlichen
Anforderungen erfüllen, solle dies von einem
Fachmann prüfen lassen. Am besten wenden sich
Hausbesitzer dafür an einen unabhängigen
Energieberater, den zum Beispiel die
Verbraucherzentralen auf Anfrage vermitteln.
• Wer von
den Nachrüstpflichten der EnEV 2014 befreit ist
So wie
bislang bleiben Hausbesitzer von Ein- und
Zweifamilienhäusern von den Nachrüstpflichten
befreit, wenn sie mindestens seit dem 1. Februar
2002 – also seit Inkrafttreten der ersten EnEV –
selbst in ihrer Immobilie wohnen. Erst wenn der
Eigentümer wechselt – sei es durch einen Verkauf
oder eine Erbschaft, müssen diese Häuser vom neuen
Besitzer innerhalb von zwei Jahren nachgerüstet
werden.
Die Pflichten zum nachträglichen Dämmen der obersten
Geschossdecke wie auch die Dämmpflicht für
zugängliche Heizungs- und Warmwasserleitungen, die
schon die EnEV 2009 vorschrieb, stehen darüber
hinaus unter Amortisierungsvorbehalt. Sie müssen nur
umgesetzt werden, "soweit die für die Nachrüstung
erforderlichen Aufwendungen durch die eintretenden
Einsparungen nicht innerhalb angemessener Frist
erwirtschaftet werden können", wie es in der EnEV
heißt. Gerichtsurteile zu energetischen Sanierungen
halten meist einen Zeitraum von zehn Jahren für
angemessen.
• Die EnEV
2014 soll den Energieausweis aufwerten
Neben den
Nachrüstpflichten für den Gebäudebestand sieht die
EnEV 2014 auch einige Neuerungen beim Energieausweis
vor. "Neu ausgestellte Energieausweise ordnen die
Immobilie künftig einer Energieeffizienzklasse von
A+ bis H zu, wie man sie etwa von Kühlschränken
kennt", so die VZ Energieberatung. "Diese Angabe
muss bereits in der Anzeige für Vermietung oder
Verkauf einer Immobilie angegeben werden."
Spätestens bei einer Wohnungs- oder Hausbesichtigung
müsse der neue Ausweis ohne Aufforderung vorgelegt
und spätestens bei Vertragsunterzeichnung dem Mieter
oder Käufer ausgehändigt werden, erklären die
Verbraucherschützer.
• EnEV
2014 stellt strengere energetische Anforderungen an
den Neubau
Auch für
Neubauten werden die Vorschriften strenger. "Der
maximal zulässige Primärenergiebedarf wird gegenüber
der EnEV 2009 um 25 Prozent verringert", informiert
die VZ Energieberatung. Darunter versteht man die
Energiemenge, die zur Deckung des Heizenergiebedarfs
eines Gebäudes inklusive seiner Warmwasserbereitung
benötigt wird. "Ebenfalls verschärft – um
durchschnittlich 20 Prozent – werden die
Anforderungen an die Wärmedämmung der Außenfassade",
so die Verbraucherschützer.
Verbindlich werden die strengeren Vorschriften erst
mit einiger Zeitverzögerung. Von ihnen betroffen
sind nur Gebäude, für die der Bauherr ab dem 1.
Januar 2016 den Bauantrag stellt beziehungsweise
Bauanzeige erstattet. "In den knapp zwei Jahren
zwischen 2014 und 2016 haben Bauherren die Qual der
Wahl", erklärt Manuela Reibold-Rolinger,
Vertrauensanwältin des Bauherrenschutzbunds.
Bis zum Stichtag dürfe man zwar noch nach den alten
Standards bauen, sie rät aber zu einem anderen
Vorgehen. "Besser ist es, sie legen für ihren Neubau
bereits die EnEV 2014 zugrunde und bekommen ein
modernes Haus, das auch den Ansprüchen der Zukunft
entspricht." Bauherren können laut EnEV 2014 schon
jetzt verlangen, dass ihr Hausbau nach den neuen
Standards amtlich kontrolliert und genehmigt wird.
• Bauen
und Sanieren nach höheren Standards kann sinnvoll
sein
In jedem Fall
sollten sich Bauherren oder Eigentümer, die eine
Sanierung oder Investition in ihre Haustechnik
planen, unabhängig beraten lassen, empfiehlt Stefan
Materne, Experte der Verbraucherzentrale
Energieberatung. In vielen Fällen kann es nämlich
sogar sinnvoll sein, noch über die in der EnEV
festgeschriebenen Minimalstandards hinauszugehen, um
so staatliche Fördermittel zu ergattern.
"Es ist immer ratsam zu prüfen, was die gesetzlichen
Anforderungen für den individuellen Fall bedeuten
und welche Fördermöglichkeiten es für Kauf oder Bau
einer Immobilie oder die geplante Sanierungsmaßnahme
gibt", empfiehlt Materne. Staatliche Fördertöpfe für
die energetische Sanierung beziehungsweise den
Neubau nach bestimmten Effizienzstandards halten vor
allem das Bundesamt für Wirtschaft und
Ausfuhrkontrolle (BAFA) und die Kreditanstalt für
Wiederaufbau (KfW) bereit. Energieberater und
Bausachverständige kennen sich im Förderdschungel
aus und können im Einzelfall beraten, ob und wann
sich die Umsetzung höherer Energiestandards
wirtschaftlich rentiert.
Wie immer:
Ihr
Peter Kodisch
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